Schriftsteller / Author
Hier können Sie Auszüge aus dem aktuell in Arbeit befindlichen Roman lesen:
Here you can read a extract of the actuel novel which is in hand:
Solothurner Literaturtage, OpenNet 2006
Solothurner Literaturtage, OpenNet 2007
Solothurner Literaturtage, OpenNet 2008
Solothurner Literaturtage, OpenNet 2009
Solothurner Literaturtage, OpenNet 2010
Solothurner Literaturtage, OpenNet 2011
Solothurner Literaturtage, OpenNet 2012
Solothurner Literaturtage, OpenNet 2013
Rezension einer Lesung:
"In die Welt des Literaten und Autors, der sich tiefgründig, präzise, verschachtelnd formulierend mit der Welt, seiner Stellung darin, aber auch seinen Wünschen und seinen Problemen auseinandersetzt, entführte René Wohlhauser. Er las als Schriftsteller Passagen aus seinem Romanmanuskript."
Arlesheimer Wochenblatt, Donnerstag, 15. November 2012
Eintrag im Lexikon der Autorinnen und Autoren der Schweiz:
Entry in the Dictionary of swiss authors:
www.a-d-s.ch
Beitrag als Musikschriftsteller zur Buchpublikation "Polyphony & Complexity":
Contribution as author to the book publication "Polyphony & Complexity":
www.musik-und-aesthetik.de
Und in den "Darmstädter Beiträgen zur Neuen Musik":
And in the "Darmstädter Beiträgen zur Neuen Musik":
Hier finden Sie einige / Here you can read some Gedichte / poems
Essay Zu meiner Lautpoesie
Hier geht es zu den / Here you find Werkkommentaren / Texts on own pieces.
Auswahl aus anderen Musikliterarischen Texten /
Selection from other texts about music:
Aphorismen zur Musik
Buchveröffentlichung:
René Wohlhauser: «Aphorismen zur Musik», Beiträge zum musikalischen Diskurs,
225 S., br.,ISBN 978-3-89727-493-8, 24.00 EUR
Pfau-Verlag Saarbrücken, 2013
Buch Vorderseite
Buch Rückseite
Daraus eine kleine Auswahl:
(532) Ansprüche an zeitgenössische Musik und an Rockmusik
Von zeitgenössischer Musik erwarte ich eine philosophische Auseinandersetzung mit den Fragen unseres Daseins. Von Rockmusik erwarte ich die Vitalität eines Lebensgefühls.
Brisbane, 19. Juli 2001
(564) Perspektivische Musik
Musikalische Vorstellungen einer perspektivischen (und sinnlichen) Musik, in der verschiedene Prozesse sich überlagern und in der auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig lineare Verläufe zeitlicher Verdichtung und zeitlicher Dehnung (von unterschiedlicher Prägung) sich voneinander abheben und so zu einer reliefartigen Strukturierung der Wahrnehmung führen. (Dies in einen Spannungszustand gebracht mit einem direkt ansprechenden, sinnlich-emotionalen Ausdruck.)
Dies führt in der Musik zur Gleichzeitigkeit (Simultaneität) verschiedener Zeitebenen, zum präzisen Auskomponieren und Verdichten auch kleinster Zeitabschnitte; und thematisch zu einer Suche nach der eigenen Identität (in der heutigen Welt), zur Auseinandersetzung mit der manipulierbar gewordenen Wahrnehmung.
München, 24. Mai 2004
(577) Die Grenzen zwischen E- und Rockmusik einreißen, ohne den Qualitätsanspruch aufzugeben.
Basel, 3. Juni 2005
Der notwendige Anachronismus der Kunst
1. Teil: Kunst als Widerstand und Engagement
Inwieweit kann Hegels Satz vom "notwendigen Anachronismus" der Kunst (aus seinen "Vorlesungen über die Ästhetik") auf die heutige Zeit angewandt werden? "ana-chronos", also gewissermaßen "gegen die Zeit", gegen die Zeitströmungen. Kunst als Einspruch gegen die Zeit (auch gegen die Zeitlichkeit!), als Widerstand.
Diese Problematik habe ich in der Werkeinführung zu meiner Oper "Gantenbein" (unter dem Titel "Ein Psychodrama der Seelenspiegelungen" in der Musikzeitschrift "Dissonanz" # 87 vom September 2004 erschienen) wie folgt formuliert:
"Wie kann Kunst ihre kritische Autonomie bewahren und weiterhin Visionen einer Gegenwelt entwerfen, ohne gesellschaftlich marginalisiert zu werden? Vielleicht indem sie durch Einmischung in den öffentlichen Diskurs den Stachel des Andersdenkens ins allgemeine Bewußtsein stößt und in emphatischem Sinne durch kompromißlose Weiterentwicklung der künstlerischen Mittel den Primat der Ökonomie in Frage stellt und damit die Würde des Individuums wiederherzustellen versucht. Kunst nicht als bloße Produktion ästhetischer Valeurs, die sich vom Markt vereinnahmen und kontrollieren lassen, sondern als existenzielle Haltung des Widerspruchs und der Herausforderung, die am Begriff des Utopischen festhält und versucht, aus dem postmodernen Sumpf eine Perspektive in die Zukunft hinein zu entwerfen."
Widerspruch "gegen die Zeit" oder gegen Erscheinungen der Zeit heißt auch: Die Stimme erheben gegen Intoleranz, Ungerechtigkeit, Gewalt, Unterdrückung, Vergewaltigung, Krieg, Armut und Hungertod in der heutigen Zeit.
Welches kann die Haltung eines Komponisten angesichts dieser Tatsachen sein, um den künstlerischen Widerspruch zum Ausdruck zu bringen? Ich denke, daß es wichtig ist zu versuchen, ein kritisches und differenziertes Bewußtsein zu entwickeln, ein Bekenntnis zur Mitverantwortung für die Zustände auf dieser Welt abzugeben, aus der gesättigten Selbstzufriedenheit eines privilegierten Daseins in der westlichen Hemisphäre herauszutreten und durch ein vehementes Engagement für die Solidarität einzutreten. Ich verstehe Kunst als Anti-Haltung gegen Gleichgültigkeit und gegen das Wegschauen und als Suche nach Alternativen außerhalb der bestehenden Normen, als Ausdruck der evidenten anderen Seite der Wahrheit.
Musik, insbesondere anspruchsvolle Kunstmusik, kann das Elend nicht beseitigen, sie hat keine unmittelbare gesellschaftspolitische Veränderungswirkung. Aber sie kann das Bewußtsein verändern, kann sensibilisieren durch die differenzierte Wahrnehmung von Ungewohntem, von in ungewohnter Weise In-sich-Stimmigem. Auch durch die Infragestellung der breiten Massenästhetik: Avancierte und nonkonforme zeitgenössische Musik als Subkultur, die sich gegen die Indoktrination und die Gleichschaltung des Empfindens durch den süffigen Wohlklang wehrt, als hartnäckige Subversion, als Musik des Widerstands.
Wenn Kunst laut Maxim Gorki die Seele der Welt ist, dann reagiert sie seismographisch auf die Erschütterungen der menschlichen Empfindungswelt. Kritische Kunst wird zum Gewissen, das die Handlungen und das Bewußtsein der Menschen mit künstlerischen Mitteln reflektiert, und dies auf einer tieferen und nachhaltigeren Ebene, als es mit verbalen politischen Aussagen möglich wäre. Deshalb kann auch Instrumentalmusik ohne Text eine eminent politische Wirkung erzielen, weil sie unter Umständen durch ihre berührende Unmittelbarkeit das Bewußtsein zu verändern vermag, indem ein Hörer durch eine aufwühlende Hörerfahrung vielleicht zu einem anderen Menschen werden kann, als er es vorher war. Eine in diesem Sinne bewußtseinserweiternde Wirkung anzustreben, darin liegt die Verantwortung des politisch bewußten Künstlers gegenüber der Gesellschaft.
Soll man von Bekenntnismusik sprechen, wenn ein Komponist sich dazu bekennt, daß es ihm darum geht, mit seiner Musik den Widerstand und Widerspruch gegen die bestehenden Zustände, gegen die Mißachtung der Menschenrechte und gegen die alltägliche Verdrängung des Unliebsamen zum Ausdruck zu bringen und mit seiner Musik den Hörer anzurühren, ihn zu erschüttern?
Was erwarte ich vom Publikum? Vorallem eine tiefe seelische Berührung durch die subkutanen Kräfte der Musik. Ergriffenheit und Nachdenken. Ich versuche mit meiner Musik immer, Herz und Geist der Leute zu erreichen und eine Resonanz auszulösen. Der Bezug zur Realität ist mir wichtig.
Ich versuche, die Wünsche, Hoffnungen und Ängste der Menschheit mit den Mitteln meiner Musik auszudrücken und zu reflektieren. So verstanden ist es eine Art aufgeklärte Ausdrucksmusik versus neutrale Gebrauchsmusik. Engagierte Musik versus l’Art pour l’Art. In diesem Sinne kämpfe ich mit kompositorischen Mitteln für eine bessere Welt, für eine Utopie.
2. Teil: Komponieren heute
Dem "Musikdenken heute" folgte das "Kritische Komponieren" oder "Dialektische Komponieren" und meinte damit eine "von allen unreflektierten Resten gereinigte Musik" (Nyffeler), die sich von der "Kritischen Theorie" und der "Negativen Dialektik" der Frankfurter Schule herleitete. Obwohl heute ein kritisches Bewußtsein gegenüber den Vorgängen auf der Welt nach wie vor notwendig, ja unerläßlich ist, müssen auch die kritischen Theorien selbst immer wieder aufs neue kritisch hinterfragt werden, um nicht in verengte, orthodoxe Sichtweisen zu verfallen, die ein sensibles und den inneren Notwendigkeiten folgendes Komponieren verunmöglichen.
Der kompositorische Diskurs unterliegt der Schwierigkeit, die nonverbalen Sinngehalte der Musik zu verbalisieren, ohne ihre Mehrdeutigkeiten, ihre Unausdeutbarkeit, ihre verschlüsselten und verästelten Aussagen zu vereinfachen. Die Gegenposition einer "von allen doktrinären Resten gereinigten Musik" im Sinne einer nur den "inneren Notwendigkeiten folgenden Ausdrucksmusik" kann aber auch gefährlich sein, da sie zu einer kritiklosen, naiven Haltung verleiten könnte. Vielleicht liegt eine Möglichkeit in der dialektischen Bewegung zwischen diesen Positionen, die aber nicht in einer Kompromißhaltung enden darf, sondern im Gegenteil als Resultat einer permanenten Auseinandersetzung zu einem radikalisierten, individualistischen Ausdruck führen muß.
Diese radikale Individualität in der kompositorischen Gestaltung ist ein wichtiges Kriterium jedes Meisterwerks, oder allgemeiner gesagt: jedes in allgemein verbindlichem Sinne gültigen Werks, das in sich das Potential trägt, seine Entstehungszeit zu überdauern. Ob es sich dabei um Stücke handelt, bei denen der Konzeptcharakter über der materialimmanenten Auseinandersetzung steht, ob es dabei um eine Verweigerung von tradierten Kompositionsmaterialien geht (Geräuschmusik) oder ob in komplexer Weise mit Tonhöhen und Tondauern gearbeitet wird oder ob gar noch tonale Elemente verarbeitet werden, ist nicht evident. Denn nicht die äußere Erscheinungsweise ist entscheidend, sondern eine andere Kategorie: diejenige der inneren Schlüssigkeit, der Qualität bzw. des Niveaus, was sich in der Autonomie der ästhetischen Haltung, in der Authentizität als Gegenbegriff zum Epigonalen und Eklektizistischen manifestiert. (Zu möglichen Qualitätskriterien siehe meinen Artikel in "Ästhetik und Komposition" in: Band XX der "Darmstädter Beiträge zur Neuen Musik", 1994.)
Es geht mir darum, qualitativ hochstehende Musik als Protest und Notschrei gegen die allgemeine Indifferenz zu schreiben. Die Qualität des Widerstands gegen bestehende Zustände äußert sich durch eine radikal individualistische Schreibweise auf möglichst kompromißlos hohem qualitativem Niveau einer Musik, die durch ihre Beschaffenheit den Massengeschmack hinterfragt und gleichzeitig die Menschen auf eine andere Weise zu berühren versucht.
3. Teil: Die Wahrnehmung der musikalischen Zeit
Kann man musikalische Zeit hören? Wie nimmt man musikalische Zeit wahr? Man nimmt nicht primär die Zeit als solche wahr, sondern das, was in der Zeit geschieht, also die Musik. Was bedeutet somit die "Musikzeit"? In gewisser Weise bedeutet sie einen Gegenentwurf zur Weltzeit.
Während die Weltzeit nichtwiederholbar abläuft und somit alle Dinge und Lebewesen der Zeitlichkeit unterworfen sind, lehnt sich die Musikzeit dagegen auf. Das musikalische Werk ist wiederholbar, es kann auch nach zweihundert Jahren wieder frisch erklingen, fast so, als würde es eine eigene Zeitdauer und Zeitqualität, eine Art Antizeit in sich tragen. Und die Wirkung der Musikzeit ist im Moment ihres Erklingens stärker als das Bewußtsein der Weltzeit, sie vermag diese für die Dauer ihres Erklingens zurückzudrängen. Die flüchtige Utopie der Klangzeit schafft es in Form der subjektiven Erlebniszeit immer wieder, sich gegen die objektive Realzeit durchzusetzen und die Hoffnung auf das Bessere weiterleben zu lassen. Da aber die Flüchtigkeit der Musik die Wirkung verblassen läßt, sobald sie verklungen ist, gilt es, das Moment des Erklingens so intensiv wie möglich zu gestalten, um eine möglichst nachhaltige Wirksamkeit zu erzielen. Erst wenn dies gelingt, kann sich die Klangzeit anachronistisch zur Weltzeit verhalten und die ästhetische Erfahrung konstituieren, die dann ihrerseits zu einer "Ästhetik des Widerstands" (Peter Weiss) führen kann.
Wie muß das wahrnehmende Bewußtsein berührt werden, um die ästhetischen Inhalte, "le feu sacré" der Vision von einer anderen Welt ohne Erodierungsverluste durch den Alltag weitertragen zu können? Wie können Komponistinnen und Komponisten die Wahrnehmung dahingehend beeinflußen, daß das Wahrgenommene etwas bewirkt, daß es allenfalls bessere Menschen hervorbringt?
Vorallem gilt es, die menschliche Wahrnehmung sich selbst immer wieder neu bewußt zu machen. Die Versenkung, das Sich-einlassen und die Konzentration auf den Augenblick, auf eine Handlung oder auf einen Gegenstand (und, besonders anspruchsvoll, auf ein immaterielles, klingendes Phänomen und die es hervorbringende Handlung) mögen zu einer anderen Wahrnehmung der Welt führen. Neue, unkonventionelle Wahrnehmungsformen von Musik könnten somit ein mögliches Konzept der kritischen Hinterfragung und ein politischer Akt in allgemeinem Sinne sein.
Musik schildert in der ihr zur Verfügung stehenden Zeit Zustände unseres Seins. Sie lotet die Grenzen unseres Daseins aus. Indem sie eine Perspektive in die Transzendenz hinein öffnet, wehrt sie sich gegen die Zeitlichkeit der Realexistenz.
Gute Musik muß immer über sich selbst hinausweisen, muß im Sinne der Horizonterweiterung versuchen, die Grenzen der inneren Vorstellung zu sprengen, den Schritt in unentdecktes Neuland wagen. Sie muß um Substanz und Tiefe ringen, den radikalen Ausdruck suchen, muß brennen, schreien …
René Wohlhauser, Mai 2009